Zians-Haas Rechtsanwälte

Sicherstellung meines Handys: Muss ich den Zugangscode verraten?

16.03.2020

Wer sich weigert den Zugangscode seines Handys mitzuteilen, riskiert strafrechtlich belangt zu werden auf Grundlage von Art. 88quater, §3 des Strafprozessgesetzbuches. 

Unter Umständen sind Gefängnisstrafen bis zu 5 Jahren und Geldstrafen bis zu 400.000 € möglich.

Der Kassationshof äußerste sich erst kürzlich über den Zugang zum Handycode und bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser strafrechtlichen Bestimmung, indem er einen Entscheid des Appellationshofes Gent kassierte (Kass. 04.02.2020, Nr. P.19.1086.N). 

Der Appellationshof Gent hatte die in Art. 88quater vorgesehene Verpflichtung als unvereinbar mit dem Schweigerecht, dem Recht, sich nicht selbst zu beschuldigen und der Unschuldsvermutung erklärt. 

Dem Angeklagten war der Verkauf von Betäubungsmitteln vorgeworfen worden. Er besaß zwei Mobiltelefone, wollte die Codes jedoch nicht herausrücken. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin die Verurteilung auf Grundlage von Art. 88quater, §3 gefordert. Der Angeklagte wurde durch den Appellationshof freigesprochen. 

Anschließend wurde der Entscheid jedoch durch den Kassationshof kassiert und die Akte an den Appellationshofes Antwerpen verwiesen, der womöglich anders entscheiden wird, im Sinne des Kassationshofes.

Der Kassationshof war der Auffassung, dass ein Gleichgewicht mit anderen grundlegenden Rechten, z.B. das Recht auf Sicherheit, herbeigeführt werden muss. 

Das Schweigerecht, das Recht, sich nicht selbst zu belasten und die Unschuldsvermutung sind nicht absolut. Ausnahmen sind möglich, wenn ein höher gestelltes Recht schwerer wiegt. 

Die Verpflichtung den Ermittlern den Zugangscode mitzuteilen stellt eine solche Ausnahme dar. 

Damit Art. 88quater, §3 jedoch greift, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Es ist notwendig, dass die Ermittler das Gerät ohne Anwendung von Zwang erhalten haben.
  • Es muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass die betreffende Person den Zugangscode kennt.
  • Die Maßnahme muss im Verhältnis zu den Beschuldigungen stehen. 

Andernfalls, ist eine Verurteilung auf Grundlage von Art. 88quater ausgeschlossen.

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